Montag, 29. Oktober 2007

Kasparov macht einen Fehler



Der kleine Filmausschnitt zeigt Gari Kasparov im Kampf mit dem indischen Großmeister Anand. Im Diagramm ist die Stellung verewigt, um die es hier geht (Schnellpartie Genf 1996). Kasparov mit Schwarz schlug den weißen Läufer auf e3. Was antwortete Anand?

Die Schrecksekunde


















In dieser Stellung (Meyrinck - Eilinger, Brüssel 1936) spielte Schwarz - am Zug - Se3+, worauf Weiß gezwungenermaßen den Springer mit dem Bauern nahm: fxSe3, nun folgte die Schrecksekunde für Weiß, indem Schwarz seinen Turm auf b2 postierte - und Weiß gab auf. Anscheinend ist der schwarze Freibauer nicht zu stoppen - Turmtausch wäre verhängnisvoll, aber auch so sah Weiß keine Chance mehr, sich zu verteidigen. Wie aber konnte nach 1....Sxe3+ 2.fxSe3 Tb2 trotzdem ein Remis erkämpft werden?
(aus Trautmann, Der letzte Fehler)

Freitag, 26. Oktober 2007

Tarrasch - schachblind aus Ärger






Siegbert Tarrasch

















Mit dieser Stellung ist eine Geschichte verbunden. Im Jahr 1906 hatte ein junger begabter Schachspieler namens Milan Vidmar (Abbildung links) es gewagt, den berühmten deutschen Großmeister Siegbert Tarrasch zu besiegen. Als nun ein Jahr später im Karlsbader Turnier Vidmar mit Weiß gegen Teichmann spielte (siehe Stellung) und gewann, kommentierte Tarrasch bissig, Schwarz hätte nur Dxe5 spielen müssen und damit "überlegenes Spiel" behauptet. In Wirklichkeit hatte Vidmar auf Dxe5 eine schöne Kombination vorbereitet, die zum Sieg führt. Sehen Sie den Zug, den Tarrasch übersah bzw. nicht sehen wollte? Was hätte Vidmar mit Weiß auf Dxe5 geantwortet?

Anfügen sollte man noch, daß Vidmar ein Bewunderer des großen Tarrasch war und es nicht übers Herz brachte, dem Meister öffentlich zu demonstrieren, daß er geirrt hatte. (Das haben dann allerdings andere Schachexperten, z.B. Marco, gemacht.)

Aljechin kommentiert










Beim traditionellen Turnier in Hastings gewann der junge Engländer Parker durch eine Reihe brillanter Kombinationen und gewagter Figurenopfer eine Partie, die man allgemein bereits verloren geglaubt hatte.
Nach seinem Sieg wurde Parker von allen Seiten beglückwünscht. Nur Alexander Aljechin (Weltmeister 1927 bis 1935 und 1937 bis 1946) runzelte missbilligend die Stirn. «Eines muß ich Ihnen sagen, mein junger Freund», meinte er in vorwurfsvollem Ton, «wenn Sie richtig gespielt hätten, dann hätten Sie diese Partie niemals gewonnen!»


Donnerstag, 25. Oktober 2007

Ein Endspiel zum Staunen


















Die Endphase einer Partie (Milenkovic - Stankovic Jugoslawien 1970), in der Schwarz - am Zug - durch ein raffiniertes, studienartiges Manöver den Sieg erringt.

Kasparov macht den richtigen Zug










In seiner Partie gegen Browne findet Kasparov, Weltmeister von 1985 bis 2000, mit Weiß den wohl einzigen Zug, der sofort die Lage klärt.
Weiß zieht und gewinnt!

Troitzky - Weiß gewinnt ohne Dame


















A. Troitzky gehört zur Elite der Studienkomponisten - hier ein wunderschönes Beispiel aus dem Jahr 1895 - Weiß zieht und gewinnt. Immerhin hat Schwarz die Dame und müßte bei regulärem Verlauf gegen Weiß, der nur Springer und Läufer hat, gewinnen.

Dienstag, 23. Oktober 2007

Matt in drei Zügen

















Weiß - am Zug - setzt in drei Zügen matt. Schachproblem von Wolfgang Baur, zuerst erschienen in der "Augsburger Allgemeinen", Januar 1999.

Zerstreutheit eines Weltmeisters






















Als Emanuel Lasker (Weltmeister von 1894 bis 1921) einmal von London nach Paris reiste, begab er sich sofort ins berühme Schachcafé "Café de la Régence". Am Abend, als es Zeit war, heimzugehen, konnte sich Lasker nicht mehr an die Adresse seines Hotels erinnern. Er schickte ein Telegramm an seinen Freund in London, allerdings vergaß er, die Adresse des Pariser Postamts anzugeben. Lasker wartete, schlenderte stundenlang durch die nächtlichen Pariser Straßen und kam gegen Morgen wie zufällig bei seinem Hotel an. An der Rezeption des Hotels fand er folgendes Telegramm:
"An Dr. Lasker, Paris, Rue de Latour 12. Du wohnst in Paris, Rue de Latour 12."




Capablanca und die Frauen



















Capablanca (Weltmeister von 1921 bis 1927) war nicht nur ein genialer Schachspieler, sondern auch ein Frauenheld, der sich bei seinen Auftritten vor Verehrerinnen kaum retten konnte bzw. wollte. Als er bei einem Turnier in Karlsbad 1929 in der Partie gegen Sämisch
sich einen krassen Fehler leistete, wurde dies damit erklärt, daß überraschend seine Frau am Turnierort eingetroffen war.
Zum Diagramm: Wie nützte Sämisch mit Weiß (am Zug) den Fehler Capablancas aus?

























Fritz Sämisch

Montag, 22. Oktober 2007

Literatur-Tips

Eine kleine Auswahl an guten Schachbüchern

Dvorecki, Mark
Die Endspieluniversität. Essentielles Endspielwissen für Amateur und Profi
(Chessgate) ISBN 3-935748-02-7
Sehr kompetent und ausführlich - ein Buch, mit dem man sich ein Leben lang beschäftigen kann!

Neistadt, Jakow
Schachpraktikum
antiquarisch
670 Schachstellungen mit ausführlichem Lösungsteil.

Nunn, John
Taktische Schachendspiele
(Edition Olms) ISBN 978-3-283-00314-2

Nunn, John
Schachgeheimnisse
Ein Kursus zum Selbstunterricht
(Edition Olms) ISBN: 978-3-283-00352-4

Nunn, John
John Nunns Buch der Schachaufgaben
(Gambit) ISBN 1-904600-53-0
John Nunn gilt als einer der besten Schachautoren der Gegenwart. Wenige analysieren so exakt und finden auch mal bei einem Weltmeister wie Kasparow eine Ungenauigkeit.

Pfleger, Helmut / Kurz, Eugen / Treppner, Gerd
Schach Zug um Zug
Bauerndiplom, Turmdiplom, Königsdiplom. Offizielles Lehrbuch des Deutschen Schachbundes zur Erringung der Diplome
(Bassermann, F) ISBN: 978-3-8094-1643-2
Eine sehr gute Einführung für Anfänger und weniger geübte Spieler.

Stohl, Igor
Garri Kasparows beste Schachpartien, zwei Bände
(Gambit) ISBN 1-904600-38-7 und 1-904600-55-7

Standage, Tom
Der Türke. Die Geschichte des ersten Schachautomaten und seiner abenteuerlichen Reise um die Welt.
(BVT) ISBN 978-3-8333-0317-3

Strouhal, Ernst
8 x 8. Zur Kunst des Schachspiels
(Springer) antiquarisch
Eines der schönsten Schachbücher der letzten Jahre. Im Mittelpunkt steht die Analyse einer Rubinstein-Partie, verbunden mit einer Geschichte des Schachspiels und der damit in Parallele gesetzten Zeittendenzen. Reichhaltig illustriert.

Trautmann, Klaus
Der letzte Fehler
128 irrtümlich aufgegebene Schachpartien
(Schachverlag Kania) ISBN: 978-3-931192-14-3

Vidmar, Milan
Goldene Schachzeiten. Erinnerungen
(Beyer) ISBN 978-3-88805-237-8






Bobby Fischer steht schlecht








B
obby Fischer, Weltmeister 1972 - 1975, geht mit sehr nachdenklichem Gesicht durch den Turniersaal.
"Was ist passiert?", fragt ihn sein Kollege Lombardy
.
"Ich stehe schlecht", antwortet Fischer.
Lombardy: "Dann biete doch einfach Remis an."
Fischer: "So schlecht stehe ich nun auch wieder nicht!"

Morphy antwortet Fine














Der amerikanische Großmeister Reuben Fine geriet eines Tages in eine spiritistische Sitzung und wurde gefragt, ob er mit irgendeinem Geist Verbindung aufnehmen möchte. Fine bat darum, den Geist von Morphy (berühmter amerikanischer Großmeister des 19. Jahrhunderts - siehe Abbildung) erscheinen zu lassen. Und tatsächlich, nach kurzer Zeit wurde gemeldet, der Geist von Morphy sei bereit, um Fragen zu beantworten. Fine wurde also aufgefordert, durch das Medium eine Frage an ihn zu richten. Darauf Fine: «Bitte fragen Sie ihn, ob im Evans-Gambit Schwarz im 6. Zug besser mit dem Läufer den Bauern schlägt oder Lb6 spielen soll!» -
Es heißt, daß Fine gerade noch lebendig den Raum verlassen konnte...




Reuben Fine (Aufnahme von 1937)

Sonntag, 21. Oktober 2007

Michail Tal erinnert sich



















Bei der 24. UdSSR-Meisterschaft wollte Großmeister A. Gipslis den für sein phänomenales Gedächtnis bekannten Michael Tal, Weltmeister 1960/61, auf die Probe stellen und fragte:
«Mischa, kannst Du Dich zufällig erinnern, welche Variante Keres als Weißer in einem Damengambit gegen Boleslawski in der 3. Runde der 20. UdSSR-Meisterschaft gespielt hat?»
«Du willst mich wohl zum Narren halten!» antwortete Tal. «Die Partie Boleslawski-Keres war nicht in der 3., sondern in der 19. Runde; Keres spielte nicht mit den weißen, sondern mit den schwarzen Steinen; und außerdem war es kein Damengambit, sondern eine Spanische Partie!»

Ablenkung


Aus der Partie Barcza - Simagin, Moskau 1949. Schwarz besitzt einen schönen Freibaur... Verzeihung, Freibauern! - , allerdings bewacht der weiße König das Umwandlungsfeld, und zusätzlich droht der weiße Springer sich auf c3 festzusetzen und alle schwarzen Träume von Reinkarnation zunichte zu machen.
Wie kommt Schwarz - am Zug - dennoch zum Ziel?

Linien


















Aus der Partie Nenarokow - Grigorjew, Moskau 1923. Schwarz hat zwei Freibauern, auf die er seine ganze Hoffnung setzt. Weiß kontrolliert diese Bauern durch den Läufer auf c7 und den Turm auf d8. Wie soll Schwarz das alles zu einem guten Ende bringen?
Tatsächlich gibt es einen hübschen, trickreichen Zug - welchen?

Figuren, die stören


















Weiß hat in dieser Partiestellung deutlichen Vorteil, aber wie soll man ihn realisieren?
Der Turm auf h3 wirkt bedrohlich, auch der Läufer auf b2 hat Zukunft. Kleiner Tip für die Lösung: welche schwarzen Figuren stören? stört vielleicht auch eine weiße Figur? Wenn man das, was stört, beseitigt, müßte es gehen...also: Weiß zieht und gewinnt!

Zugzwang


















Der Titel deutet an, worum es geht. Schwarz läßt die Dinge auf sich zukommen, hat scheinbar alles unter Kontrolle - und außerdem einen Bauern mehr. Soll Weiß resignieren und ins Remis einwilligen? Oder gibt es da einen raffinierten (gar nicht so schwer zu entdeckenden) Zug, der sofort alles klar macht?

Überraschende Rettung


















Weiß scheint verloren - wie soll er den schwarzen Freibauern auf f2 stoppen?
Aber Schach ist das Spiel der Überraschungen, immer wieder lohnt es sich, ganz genau hinzuschauen - und wie schon Großmeister Tartakower gesagt hat: Durch Aufgeben ist noch keine Partie gewonnen worden.
Ob Sie es glauben oder nicht: Weiß zieht und gewinnt!

Ein Turmendspiel


















In dieser Stellung hat Weiß zwar einen Turm mehr, aber Schwarz droht einiges. Um so erstaunlicher, daß Weiß mit einem genialen Zug den Spieß umdreht und gewinnt. Wie wohl?