Dienstag, 22. April 2008

Damengewinn

Dienstag, 4. März 2008

Schmunzelschach - Schachgeschichten aus Franken

Erzählt von Dieter Blunk


NOCH EIN BIER

Die Mannschaft war noch überwiegend mit Schülern bestückt, und zum Auswärtskampf hatte ein Spieler gefehlt. Kurzerhand meldete sich einer mit der frohen Botschaft: sein Vater sei auch spielberechtigt und könnte mitgenommen werden. Als sie ihn abholten, war er bereits reichlich alkoholisiert.
Das Spiellokal war im ersten Stock, über einer Gaststätte. Es waren höchstens zehn Minuten gespielt, da wankte der Vater zu unserem Mannschaftsführer: "Ich hab gewonnen; wenn ihr mich sucht, ich bin unten im Lokal und trink noch eins" - er hatte seinen Gegner mit dem Schäferzug mattgesetzt!


DER SCHLAF DES GERECHTEN

Bei einem Mannschaftskampf ist ein Spieler von uns dermaßen übermüdet angetreten, daß er auf seinen verschränkten Armen, unmittelbar vor dem Brett, eingeschlafen ist. Ohne daß er das Brett berührt und eine einzige Figur verschoben hätte, ist er nach ungefähr einer halben Stunde aufgewacht, hat den Kampf aufgenommen, und tatsächlich gewonnen!


JETLAG

Für einen Bezirksligakampf in Lauf hatte sich vorab unser Mannschaftskollege Hannweber abgemeldet, da er erst am Vortag aus Amerika zurückkäme und wegen des Jetlags nicht fit sein werde. Da wir aber an diesem Tag nur sieben Spieler zur Verfügung hatten, wurde er kurzerhand reaktiviert. Das Spiellokal war im Nebenzimmer einer Gaststätte.
Unser Gegner ist an diesem Tag nur mit sieben Mann angetreten. Ausgerechnet das Brett von Hannweber ging kampflos an uns.
Den ganzen Wettkampf lag er, wie klinisch tot, auf einer Bank und hat seinen Jetlag ausgeschlafen - und unseren Punkt erschlafen!


AUSWÄRTSKAMPF

Für die letzte Runde in einer Saison hatten wir einen Auswärtskampf. Treffpunkt war unser Vereinslokal, von dem wir gemeinsam losfahren wollten. Unser Mannschaftsführer kam mit der Hiobsbotschaft, daß er für diesen Tag nur vier Spieler aufgetrieben habe. Mindestens fünf sind nötig, um überhaupt antreten zu dürfen.
Nach kurzem Überlegen meinte er, es gebe nur eine Möglichkeit: den Gegner anzurufen und ein 4 : 4 anzubieten. Wenn das nicht akzeptiert würde, könnten wir immer noch telefonisch aufgeben. Von seinem Anruf zurück hat er uns mitgeteilt, daß unsere Gegner damit einverstanden waren, da ihnen immerhin zwei Spieler gefehlt haben.


B-KLASSE

Wettkampf in der B-Klasse. Der Ingo knallt seine Dame dem gegnerischen König vor die Nase und ruft genauso energisch: "Schach matt!".
"Oh, das hab ich gar nicht gesehn", sagt sein Gegenüber und streckt ihm die Hand entgegen.
Unverzüglich schob der Ingo die Figuren zusammen, da er bemerkt hatte, daß seine Dame keinerlei Rückendeckung besaß.
Nach ungefähr einer Viertelstunde trat sein Gegner auf ihn zu: "Du sag mal, deine Dame war doch gar nicht gedeckt!".
"Ja, aber jetzt ist es zu spät, denn du hast bereits aufgegeben", grinste ihn Ingo an.


WEIHNACHTS-BLITZ

Mein Schwiegervater hat in seinem Heimatort, Herzogenaurach, jahrzehntelang in dem dort ansässigen Schachklub gespielt. Jedes Jahr fand kurz vor Weihnachten ein Blitzturnier statt, dessen erster Preis eine Gans war.
Im stolzen Alter von achtzig Jahren kam mein Schwiegervater freudestrahlend mit der Gans nach Hause. Der klammheimliche Verdacht, daß ihn seine Vereinskollegen hatten gewinnen lassen, wurde ein Jahr später widerlegt - er kam schon wieder mit einer Gans an!


MEIN ERSTES BLITZ-TURNIER

Als Schüler habe ich bei uns einen Hinweis über ein Schachturnier gelesen. Ich bin dann einfach hingegangen und mußte feststellen, daß es ein Vierer-Mannschafts-Blitzturnier war. Glücklicherweise wurde noch eine Mannschaft zusammengewürfelt, bei der ich mitspielen durfte. In der ersten Runde saß mir ein älterer Herr gegenüber, der für jeden Zug in das Brett hineinstierte, bis dann ein lautes Klack zu vernehmen war.
"Jetzt ist Ihr Zeiger gefallen, was bedeutet das jetzt?", lautete meine naive Frage.
"Jetzt hast du gewonnen!", klärte er mich auf. –
Dies sollte an jenem Tag mein einziger Sieg bleiben!


ZIEL VERFEHLT

Früher war während einer Schachpartie auch der Aschenbecher ein wichtiges Zubehör. Für mich persönlich gehörte die Tasse oder das Kännchen Kaffee ebenfalls dazu.
Tief in der Partie versunken hatte ich mir einen Kaffee eingegossen, den Würfelzucker ausgepackt, und minutenlang umgerührt. Vor der Zugabgabe nahm ich erst noch einen kräftigen Schluck. Igitt, war der bitter! Eine kurze Kontrolle bestätigte, daß der Zucker ausgepackt war, doch die Stückchen lagen im Aschenbecher!


NACHTRUHE

Wir hatten in Kehlheim eine Doppelrunde zu bestreiten. Dazu war eine Übernachtung nötig. Unser Verein hatte für uns, in einer Pension, vier Doppelzimmer reserviert. Eines davon war sogar zusätzlich mit einer Couch ausgestattet. Ingo und ich teilten uns ein Zimmer. Als mich nachts meine Blase geweckt hatte, war das Bett neben mir leer. Auf dem Boden, neben dem Bett, lag auch niemand. Zusätzlich fehlte das Bettzeug.
In dieser Nacht war Ingo in dem Zimmer mit der Couch aufgetaucht, und hatte die beiden Kollegen gefragt, ob er nicht dort schlafen könnte, da ich zu laut geschnarcht hätte. Auf der Couch hat er es ebenfalls nicht lange ausgehalten, da Dieter, mein Namensvetter, scheinbar meine Rekorde noch überboten hatte.
Am nächsten Morgen wurde Ingo im Frühstückszimmer, auf einer Eckbank schlafend vorgefunden.
Zu allem Überfluß hat er später auch noch seine Partie verloren!


DAS GEDICHT

In der Zeit, da ich als Jugendlicher mit dem Schachspielen anfing, hatten wir in unserem Verein ein Original namens Hans Besser. Es war ein deutschstämmiger Chilene, der früher in Chile auch als Schachtrainer tätig war. An einem Vereinsabend erklärte er mir, daß das Springer-Läufer-Endspiel gar nicht so schwierig wäre. Zu diesem Thema hatte er sogar ein Gedicht verfaßt. Er ließ die Figuren über das Brett sausen, leierte sein Gedicht herunter, und nach der letzten Strophe war es Matt.
Dummerweise konnte ich mir das Gedicht nicht merken!


DER "IM"

Einmal sind zwei Jugendliche unserem Verein beigetreten. Da gerade Sommerflaute herrschte, hatten wir kurzerhand ein Blitzturnier angekurbelt. Beide erklärten sich sofort bereit mitzuspielen. Daraufhin erkundigte ich mich nach ihren Namen.
„Sirovic“, erklärte der erste.
„Da gehört noch ein IM davor“, beanstandete er, nachdem sein Name auf dem Zettel stand.
„IM?“, fragte ich argwöhnisch.
„Ja, IM!“, bestätigte er.
Da ich immer noch zweifelnd dastand, bestätigte sein Freund: "Jawohl, Imsirovic!"


DER "BLUNK-WALL"

Da ich noch nie ein Theorie-Hengst war, spielte ich jahrelang die von Bernd Feustel praktizierte und propagierte Robatsch-Verteidigung. Dabei war es völlig egal, ob ich Schwarz oder Weiß hatte. Bei einem Wettkampf stand mein Mannschaftskollege, Markus Hannweber, neben dem Brett. Nach einem kurzen Blick auf das vertraute Bild bemerkte er: „Aha, der Blunk-Wall!“
Seit jenem Tag tauchte er regelmäßig an meinem Brett auf und erklärte meinen Gegnern, und auch jedem, der es nicht hören wollte, daß es sich hier um den „Blunk-Wall“ handeln würde.
Bei einer mittelfränkischen Meisterschaft durfte ich feststellen, wie fruchtbar seine Öffentlichkeitsarbeit gewesen war. Zwischen zwei Zügen beäugte ich die laufenden Partien im Saal. An einem Brett war der mir bekannte Aufbau zu sehen. „Oh, was ist das denn?“ platzte es aus mir heraus.
Der am Brett sitzende Spieler drehte sich um, lächelte, und erklärte stolz: „Der Blunk-Wall!“


Hier spielt Dieter Blunk (mit Weiß) seinen "Blunk-Wall"


ERÖFFNUNGSFALLE

Bei der Robatsch-Verteidigung wird im ersten Zug der g-Bauer ein Feld vorgerückt. In einer Weiß-Partie hatte ich deshalb mit g3 eröffnet. Mein Gegner war dadurch dermaßen aus dem Konzept geraten, daß er über eine Stunde vor dem Brett brütete, bevor er sich für einen Zug entscheiden konnte. Dies war bereits der Grundstein für einen Sieg auf Zeit!


OMA

Am undankbarsten ist es für einen Mann, wenn er gegen eine Frau antreten muß. Meine Gegnerin hatte die 60 bereits überschritten. Die Niederlage selbst wäre ja gar nicht tragisch gewesen, nur die Frozzelei meines Mannschaftskollegen: "Du verlierst ja sogar noch gegen eine Oma!"


HEIMVORTEIL

Der Mannschaftskampf war bereits in vollem Gange. Die ersten Partien waren schon entschieden, als wir feststellten, daß da irgend etwas nicht stimmen konnte. Einer unserer Mannschaftskameraden, und dessen Gegner, saßen jeweils in der gegnerischen Reihe. Dadurch hatten wir an fünf Brettern Weiß - und trotzdem verloren!
(Selbst ein Protest war nicht mehr möglich, denn ausgerechnet an dem Brett mit der falschen Farb-Verteilung hatten wir gewonnen !)


HANDARBEIT

Fritz, ein Freund meines Bruders, war ein leidenschaftlicher Kajakfahrer. Gemeinsam mit seinem Studienkollegen Bernd und dessen altersschwachem und untermotorisiertem VW-Bus wollte er in die Türkei, um dort für ein Vierteljahr Wildwasserfahrten zu machen. Dazu war ein Fahrer nötig, der mit dem Bus den Wasserweg entlang fährt - mein Bruder wurde zu diesem Zweck angeheuert, und ich durfte als Co-Pilot mitreisen. Da mein Urlaub nur für sechs Wochen genehmigt wurde, war klar, daß sich in der Türkei unsere Wege trennen würden. Dies geschah dann bei Anamur. Mir war jedoch die weitere voraussichtliche Route bekannt. So war ein Aufenthalt in den Onyx-Steinbrüchen bei Göreme geplant, und deswegen hatte ich meinem Bruder den Auftrag erteilt, er möge mir unbedingt ein handgearbeitetes Schachbrett aus Onyx mitbringen. Bernd meldete seinen Einspruch an, da er ständig um seinen klapprigen Bus besorgt war. Allerdings hatte er die Rechnung ohne meinen Bruder gemacht. Der hatte eine solche Freude am Feilschen entwickelt, daß er mir einen prächtigen schweren Schachtisch mit den dazugehörenden Figuren erstanden hat.
Den ganzen Rückweg über soll Bernd nur noch um seinen Bus gebangt und gejammert haben!


DER KÖNIGSMARSCH

Wir hatten in Erlangen einen Mannschaftskampf. Nach einer Abtauschvariante war ich plötzlich materiell in Nachteil geraten. Gerade noch Springer und Läufer, sowie zwei, oder drei Bauern waren mir verblieben, während mein Gegner immerhin noch seinen Turm und Läufer und drei Mehrbauern besaß. Eigentlich war es an der Zeit aufzugeben. Da dies jedoch ein wichtiger Mannschaftskampf war, quälte ich mich noch einige Züge weiter. Außerdem kam es mir in den Sinn, daß mit Springer und Läufer ja auch noch ein Matt möglich wäre. Nach meinem nächsten Zug entdeckte ich gleich mehrere Nadelstiche, mit denen mich mein Gegner zum Aufgeben bewegen konnte. Anscheinend hatte er einen anderen Plan. Also, noch ein "letzter" Zug. Wieder fand ich für meinen Gegner Züge, nach denen ich aufgeben würde, und wieder hatte er etwas völlig anderes gezogen. Dieses Spielchen wiederholte sich ein paarmal. Langsam begann ich wieder zu hoffen, und ein Mattnetz zu spinnen. Dann ist das Unmögliche wirklich eingetreten, und mein Gegner marschierte direkt mit seinem König in das Springer-Läufer-Matt!


DER LANGWEILER

Bei einer Kreis-Einzel-Blitzmeisterschaft hatte ich einen rabenschwarzen Tag erwischt. In der letzten Runde saß ich deshalb in den hinteren Reihen. Mein Gegner sollte ein achtjähriger Junge sein. „Endlich wieder ein Punkt!“ Freude keimte in mir hoch. Während ich nachdachte, sah mein Gegner ständig im Saal umher, wenn er den Blick nicht zur Decke richtete. Das Brett interessierte ihn immer erst nach meinem Zug, um nach einem kurzen Blick sofort zu ziehen, und dann wieder die Fliegen an der Decke zu zählen. Und das Ergebnis? Letztendlich angelte er sich mit dieser Methode den vollen Punkt!


BLINDSCHACH

Mein Freund Robert hatte mich eines Tages zu sich nach Hause eingeladen. Da gerade Verwandte zu Besuch waren, sind wir mitten in ein Kaffeekränzchen hineingeplatzt. Seinen Onkel, einen rüstigen Mann, Mitte 70, hatte er mir als leidenschaftlichen Schachfanatiker vorgestellt. Glücklicherweise war kein Brett im Haus.
"Das macht nichts, ich spiele auch blind!", ereiferte sich der Senior.
Dermaßen herausgefordert war ich gezwungen, den Kampf aufzunehmen. Nach einigen Zügen hatte sich Roberts Onkel verhaspelt.
"Das geht nicht, da steht schon Ihr Springer", klärte ich ihn auf.
"Dann spiele ich halt was anderes!".
Hartnäckig setzte er die Partie fort. Mit dem nächsten Zug hatte er seine Läuferdiagonale etwas verbogen. Auch diese Figur rückten wir zurecht. Da abzusehen war, daß auch mein Blindschach nicht wesentlich länger fehlerfrei sein konnte, und der rüstige Herr nicht nachgeben wollte, mußte die Partie möglichst diplomatisch beendet werden.
"Jetzt blicke ich auch nicht mehr durch, und biete Remis", sagte ich zögernd.
Er hat es angenommen. Somit blieben wir mit unseren Blindschachkünsten weiterhin ungeschlagen!

DER BAUERNSTURM

Als ein durchschnittlicher Vereinsspieler für einen Schachcomputer noch ein gefürchteter Gegner war, durfte ein Elektronengehirn außer Konkurenz an unseren Vereinsturnieren teilnehmen. Der Rechner trieb in einer dieser Partien ständig nur seine Bauern nach vorne, und eroberte dabei sogar eine Figur!
Dies war so ungewöhnlich, daß nach der möglichen Ursache geforscht wurde. Dabei hat man festgestellt, daß die Maschine diese Partie lediglich mit König und acht Bauern bestritten hatte, denn die restlichen Figuren hatte jemand vor der Partie gelöscht!


SPORTSTUNDE

In der siebten Klasse war unser Lehrer gleichzeitig auch Seminarleiter. Da er angehende Lehrer ausbildete, hatten wir des öfteren zwei Lehrkräfte im Unterricht. In der Sportstunde sollte sich dies als Vorteil erweisen.
Unser Lehrer hatte uns gefragt, wer Volleyball spielen möchte. Mit einer guten Zweidrittel- Mehrheit schnellten unsere Hände nach oben. Die Volleyballer sollten mit dem Junglehrer in den Hof gehen.
"Der Rest bleibt bei mir - wir spielen Schach!", erklärte unser Lehrer.
Sofort wurde ich zum Überläufer!


DER MARATHON-MANN

In Erlangen ist regelmäßig ein Mitternachts-Blitz-Turnier veranstaltet worden. Es dauerte jedesmal von Samstag 20 Uhr bis Sonntag 8 Uhr.
Wieder einmal hatten wir das strapaziöse Turnier überstanden. Glücklich und erleichtert waren wir gerade dabei, uns vor den Toren zu verabschieden. Alle wollten nur noch nach Hause - außer „Ossi“. Oskar Hirn erklärte, daß er mit Gunder, seinem Gefolgsmann, nach Bechhofen fahren würde, denn an diesem Sonntag sollte dort ein gut besetztes Blitzturnier stattfinden.
Nach dem intensiven nächtlichen „Aufbautraining“ hat „Ossi“ dann auch prompt gewonnen!


DAS KOMM

Unseren Vereinsabend hatten wir lange Jahre in der betriebseigenen Kantine. Lediglich am Wochenende konnten wir nicht über sie verfügen. Als unsere Wettkämpfe dann immer am Sonntag stattfanden, mußten wir uns nach einem geeigneten Spiellokal umsehen. Unser damaliger Mannschaftskollege, Hermann Schlötterer, schlug das berühmte und berüchtigte Nürnberger „Komm“ ( Kommunikationszentrum ) vor. Äußerst widerwillig hatte unser Vorstand diesen Vorschlag an uns weitergeleitet. Einige Mannschaftskollegen erklärten sich bereit, das mögliche Spiellokal vorab zu besichtigen. Ohne Einwände ist dann das „Komm“ für mehrere Jahre unsere Heimat geworden. Es sollte eines der schönsten Lokale sein, das wir je hatten.
Es waren zwei separate Räume, die gegenüber dem „anrüchigen“ Hauptkomplex des „Komm“ einen eigenen Eingang hatten. Durch ein schweres Holztor kam man zuerst in den Innenhof. Auf der gegenüberliegenden Seite führten Sandsteinstufen zu einem Wehrgang, auf dem man in die beiden Räume gelangte. Im ersten befanden sich eine wuchtige Theke und vier ebenso massive Tische. Nach rechts öffnete sich eine Schwingtür zum anderen Saal, zu dem noch einige Stufen hinab führten. Dieser Saal, das eigentliche Spiellokal, war groß genug, daß für jedes Brett ein quadratischer Tisch aufgestellt werden konnte.
Zusätzlich haben wir unser „Hausmütterchen“ bekommen, da sie die Schlüsselgewalt besaß. Für unsere Wettkämpfe hat sie jeweils ihren freien Tag geopfert und uns, hinter der Theke, mit kalten Getränken versorgt. Dazu hat sie noch Kaffee aufgebrüht, Wurstbrötchen angeboten, sowie verschiedene Kuchen, die sie eigens dafür am Vorabend gebacken hatte.
Lediglich unser Vorstand hat einige Jahre benötigt, bis er zum ersten Mal im „Komm“ gesehen wurde!


DER AMERIKANER

Eines Tages hatte sich ein Amerikaner zu unserem Vereinsabend verirrt. Er erzählte, daß er einige Jahre pausiert hätte, und zuletzt bei einer ELO von ungefähr 2200 lag. Ausgerechnet an jenem Tag bin ich etwas verspätet erschienen. Außer unserem Vorstand, dem Amerikaner und mir waren alle anderen in irgendwelche Partien vertieft. So wurde ich als Opfer für unseren Gast auserkoren. Wir hatten eine zähe und spannende Partie. Mit jedem Zug schnürte er meine Figuren noch ein bißchen weiter ein. Als letzten Hoffnungsschimmer hatte ich gerade noch ein Damenopfer, für beide Türme, entdeckt. Dadurch kippte die ganze Partie, und mein Gegner streckte die Waffen.
Vierzehn Tage später hat er uns wieder besucht. Nach meinem Erfolg wagte es unser Vorstand selbst, den Gast herauszufordern, und gewann ebenfalls.
Danach war der Amerikaner nie wieder bei uns zu sehen. Vermutlich mußte er wieder in die Staaten zurück!


EIN DUFTES SCHACH

Bei einem Heimkampf dauerte meine Partie etwas mehr als drei Stunden. In dieser Zeit hatte mein Gegner mehrmals das Hemd gelüftet, sein Deo hervorgeholt und unter der Achsel verrollt. Nach zähem Kampf einigten wir uns auf ein Remis. Anschließend war mein Gegner spurlos verschwunden. Nach etwa zwanzig Minuten kam er zurück und verfolgte die restlichen Partien - gewaschen und frisch eingekleidet!
Anscheinend hatte ich ihm doch kräftig eingeheizt.


DER LETZTE STROHHALM

Bei einem Blitzturnier hatte mir mein Gegner bereits sämtliche Figuren abgeräumt. Überschwenglich setzte er zum Damenschach an, und rief dabei: „Remis!“.
Anstatt diesen letzten Strohhalm zu ergreifen, zog ich meinen König aus dem Schach und rief ebenso laut: “Abgelehnt!“


DER BLITZMEISTTER

Mitte der achtziger Jahre ist in unserem Verein der Modus für das Blitzturnier geändert worden. In Zukunft sollte jeden Monat ein Turnier stattfinden, nur nicht im August, wegen der Sommerferien, und nicht im Dezember, wegen der Vorweihnachtszeit. Die ersten zehn Teilnehmer erhielten Punkte – der Erste zehn Punkte, bis hinab zum Zehnten mit einem Punkt.
Da die wenigsten an allen zehn Turnieren teilnehmen konnten, wurden für jeden Spieler nur die fünf besten Ergebnisse gewertet.
Mit dieser Regel hatte wohl kaum mehr ein Außenseiter eine Titelchance. Deshalb habe ich damals mit wenigen anderen dagegen gestimmt.
Ausgerechnet in dieser Saison ist ein Spieler der damaligen vierten Mannschaft Blitzmeister geworden - mit einem halben Zähler Vorsprung, gegenüber unseren Bundesliga-Spielern, konnte ich diesen Titel erobern!
Damit hatte ich wohl auch eine ungeschriebene Norm erfüllt, denn selbst Jahre später war ich immer noch DER Blitzmeister!


DER TURMGEWINN

Für ein Blitzturnier waren die Bretter auf Biertischen aneinander gereiht. Dicht gedrängt saßen die Spieler in ihren Reihen. In der Hitze des Gefechts hatte einer der Spieler mit dem Turm des Nebenmannes rochiert, und seine Partie mit drei Türmen fortgesetzt!
Kurze Zeit später machte sich der Nachbar lautstark auf die Suche nach dem fehlenden Turm.


DIE FUSION

Mein erster Schachverein ist aus einer Betriebsmannschaft heraus entstanden. Nach kurzer Zeit waren auch Betriebsfremde als Mitglieder willkommen. Einige Jahre später haben wir mit der Schachabteilung des TSV Burgfarrnbach fusioniert.
Ohne etwas dabei zu denken, waren dadurch meine zukünftige Frau und ich im selben Verein gelandet.
Gut dreißig Jahre später haben wir ebenfalls fusioniert!

Dienstag, 5. Februar 2008

Zur Schachnotation


Hier eine Seite aus dem ältesten deutschen Schachbuch: Gustavus Selenus, Das Schach- oder König-Spiel, Leipzig 1616. Hinter dem Autornamen verbirgt sich August II., Herzog von Braunschweig und Lüneburg. Der Hauptteil des Werkes ist eine Übersetzung aus dem spanischen "Libro del Axedrez" von Ruy Lopez de Segura. Eingeteilt wird das Schachbrett bei Gustavus Selenus nicht wie heute üblich durch Koordinaten (a4,b5 etc.), sondern durch Nummerierung der Felder von 1 bis 64, rechts unten beginnend:
Entsprechend mühsam ist die Lektüre, z.B. wenn Selenus Eröffnungen beschreibt. Ein Beispiel (S.183): "Nachdem der Weisse/des K.Soldaten auf 28: Der Schwartze/des K. Soldaten auf 36: Der Weisse/des K.Schützen/ auf 30: der Schwarzte/des K. Schützen auf 38: der Weisse/die Königin/auf 12: ... " - mit anderen Worten: 1.e4 e5 2.Lc4 Lc5... (der Bauer ist bei Selenus ein Soldat, der Läufer ein Schütze). Wenn man sich einmal eingelesen hat, findet man viel Interessantes und kulturgeschichtlich Bedeutsames in dem alten Buch. Hier noch ein verblüffendes Zitat: "Die Reussen/oder Moscowiter/spielen das Schach-Spiel/sehr scharfsinnig/und mit besondern fleiß: und seynd in demselben/so geschicket und erfahren/daß meines bedünckens/andere Völcker/mit ihnen/nicht leichtlich zu vergleichen." (S.39)

Der Weg zur heutigen praktischen Notation war lang. In England und Amerika wurde z.T. bis ins 20.Jahrhundert eine Methode verwendet, die in "Chess Praxis" (1886) von Staunton beschrieben und diskutiert wird:





Übersetzung des obenstehenden Ausschnitts:
1.Bauer zum vierten Feld des Königs 1. Bauer zum vierten Feld des Königs
2.Königsspringer zum 3.Feld des Königsläufers 2. Damenspringer zum 3.Feld des Damenläufers
3.Bauer zum 4.Feld der Dame 3. Königsbauer nimmt Damenbauer
4. Königsläufer zum 4.Feld des Damenläufers 4.Königsläufer zum 5.Feld des Damenspringers (Schach) ..... usw.

Das ist zweifellos anschaulicher als die Methode von Selenus, aber doch noch recht umständlich. Der Bezugspunkt ist jeweils die weiße oder die schwarze Seite, nicht das Brett an sich.

Nochmals übersetzt:
1.e4 e5
2.Sf3 Sc6
3.d4 e5xd4
4.Lc4 Lb4 +

Konservative Schachspieler aus dem angelsächsischen Bereich haben sich heftig und lange gegen die "neumodische" algebraische Notation gewehrt, die inzwischen doch Standard geworden ist.

Wichtiger Hinweis: Die obigen Text-Grafiken können mit Mausklick (links) so vergrößert werden, daß sie bequem lesbar sind.

Samstag, 19. Januar 2008

Tal begegnet Fischer



In diesem kurzen Filmausschnitt berichtet Fischer über seine Anfänge - die russischen Meister waren seine Vorbilder, er hat Russisch gelernt, um die russische Schachliteratur studieren zu können. Am Schluß des Films wird das erste Zusammentreffen Fischers mit dem späteren Weltmeister Michail Tal gezeigt, beim Turnier in Portoroz 1958. Tal begrüßt Fischer am Schachbrett mit einem Lächeln, das schwer deutbar ist - sicher spielt auch der Umstand eine Rolle, daß Tal hier einem Fünfzehnjährigen gegenübersaß. Die Partie endete übrigens remis, nach 41 Zügen - Tal gewann zwei Bauern, aber Fischer wickelte geschickt mit zwei Türmen auf der 7.Reihe zum Remis ab.

In memoriam Robert J. Fischer 1943 - 2008


Der Weltmeister von 1972 bis 1975, vielleicht der genialste, sicher der exzentrischste Spieler in der Geschichte des Schachspiels, Robert ("Bobby") James Fischer, ist am 17. Januar 2008 gestorben. Hier ein schönes, mit absoluter Präzision durchgeführtes Endspiel aus der Partie gegen den deutschen Großmeister Wolfgang Unzicker. Fischer, mit Weiß, am Zug, gewinnt auf eindrucksvolle Weise:
1. Sd5 (greift c7 an und droht gleichzeitig Sf6+ und Läufergewinn) Lc6
2. Sxc7 Lf3
3. Se8 (wenn jetzt Lxg4, Sf6+ und Läufergewinn) Kh6
4. Sf6 Kg7
5. Kf2 (nimmt der schwarze König den Springer, wird der
Läufer geschlagen und Weiß gewinnt das Bauernendspiel) Ld1
6. Sd7 c4
(nimmt Schwarz auf g4, folgt f6 und f7, und der Bauer verwandelt sich
zur Dame, oder der schwarze Läufer geht verloren: Kxf7 Se5+ !)
7. Kg3 und Schwarz gab auf.



Literatur-Tips:

Bobby Fischer: Meine 60 denkwürdigen Partien (Verlag Dr. Eduard Wildhagen / Rattmann, Hamburg o.J.)
Ednar Mednis: Wie schlägt man Bobby Fischer? (Sportverlag Berlin 1993)
David Edmonds/John Eidinow: Wie Bobby Fischer den kalten Krieg gewann (Fischer Taschenbuch)


Das früheste erhaltene Foto von Bobby Fischer.

Mittwoch, 16. Januar 2008

David Bronstein



















Der russische Großmeister David Bronstein (1924 - 2006) gehört zu jener kleinen Gruppe von Ausnahmeschachspielern, die beinahe Weltmeister geworden wären. 1951 spielte er gegen Weltmeister Botwinnik ein Match um die Weltmeisterschaft, das
12 :12 endete, damit behielt Botwinnik seinen Titel.
In der Partie gegen R.Vedder (siehe Diagramm) fand Bronstein - mit Weiß, am Zug - eine geniale Lösung.
Welche?